Quantencomputer werden ein schlechtes Gedächtnis haben
Wolf-Dieter Roth 23.06.2005
Die Heisenbergsche Unschärferelation sorgt für schlampige und vergessliche Rechner
Schneller, kleiner, sparsamer – so ist die Entwicklung der
Elektronik im Allgemeinen und der Computertechnik im Speziellen seit
Jahren. Doch mit immer kleineren Halbleiterstrukturen gibt es
inzwischen Probleme mit Quanteneffekten. Bei echten Quantenrechnern
treten diese natürlich noch viel deutlicher zu Tage.
Quantencomputer nähern sich in der Funktion mehr dem menschlichen
Denken an: Bei ihnen gibt es nicht mehr klar 0 und 1, an und aus, ihre
Berechnungen erfolgen mehr verschachtelt und vernetzt – ähnlich zur "Fuzzy Logic".
Und ähnlich dem menschlichen Denken werden die Quantenmaschinen ein
schlechtes Gedächtnis haben – sogar ein sehr schlechtes Gedächtnis,
denn es wird keine Sekunde halten. Mark Buchanan legt im aktuellen New Scientist
dar, dass dies das elementare Problem der Quantencomputer sein könnte:
In ihnen muss sehr schnell gerechnet werden, da sich sonst der ganze
Rechenvorgang einfach in Wohlgefallen auflöst und kein Ergebnis mehr
erkennbar ist.
Ein Quantenrechner speichert die Daten in Qubits –
Quantenbits. Da ein Qubit zwei Zustände zur gleichen Zeit haben kann
und gleichzeitig mit anderen Qubits vernetzt ist, kann der
Quantencomputer mehrere Berechnungen gleichzeitig durchführen.
Andererseits sind die Qubits sehr störanfällig: Einflüsse von außen
oder auch zu häufiges Auslesen ihres Zustands löschen aufgrund der
Heisenbergschen Unschärferelation ihren eindeutigen Zustand und
zerstören damit die Berechnung.
Also bleibt einem nichts anderes übrig, als den
Quantenrechner abgeschirmt vor sich hin rechnen zu lassen und erst am
Schluss ganz vorsichtig und unauffällig nachzusehen, was denn nun
herausgekommen ist.
Selbstauflösende Strukturen
Große Qubit-Arrays sind störungsanfälliger, weshalb momentan versucht wird, möglichst mikroskopisch kleine Qubits aus Quantendots
oder supraleitenden Schaltkreisen auf Siliziumchips zu erzeugen.
Prinzipiell könnte man Qubits aus einzelnen Elektronen und Photonen
erzeugen.
Doch auch ohne äußeren Einfluss löst sich der
Rechenvorgang in Quantenrechnern schnell in Chaos auf: Über mehr als
eine Sekunde kann man gerade bei diesen kleinen Strukturen schon
theoretisch kein stabiles Ergebnis erhalten, so Jasper van Wezel,
Jeroen van den Brink und Jan Zaanen von der Universität Leiden in den Niederlanden in den Physical Review Letters,
Ausgabe 94, Seite 230401. Statt wie gewünscht in zwei Zuständen zur
gleichen Zeit zu bleiben, kollabiert das Qubit spontan in einen der
beiden Zustände.
Momentan ist dies allerdings noch alles weit
entfernte Zukunftsmusik: Beim jetzigen Zustand der
Quantencomputerforschung ist man schon glücklich, auch nur für eine
Mikrosekunde stabile Zustände zu erreichen…
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